Tag 52 der Quarantäne

Innerhalb der letzten Woche wenden sich mehrere Patienten an das Krankenhaus mit Atembeschwerden. Sie wurden allesamt in staatlichen Gesundheitseinrichtungen voruntersucht. Da es bei einem Verdacht auf eine Covid-19-Infektion das übliche Vorgehen ist, Patienten mit geringen Beschwerden nur oberflächlich zu untersuchen und wieder nach Hause zur Isolation zu schicken, fallen Patienten mit schweren Lungenerkrankungen durch das Untersuchungsraster.

Auch von Patientenseite werden in der aktuellen ‚Corona-Krise‘ die öffentlichen Gesundheitsdienstleister, wie die sogenannten ‚Puestos de Salud‘ (Gesundheitsposten), immer weniger aufgesucht. Vielleicht aus Mangel an Vertrauen in die Qualität der Behandlung oder schlicht aus Angst, sich dort an Covid-19 anzustecken. Wenn sich die Patienten dann letztendlich entschließen, sich dort erstmals bzw. zum wiederholten Mal bei einem Arzt vorzustellen, ist es oft im letzten Moment.

 

 

Behandlungsverzögerung in Covid-19-Zeiten

 

Wir beobachten daher, dass deshalb Erkrankungen viel zu spät richtig diagnostiziert und behandelt werden. Dies war in der Bevölkerungsgruppe der armen Patienten immer schon ein Problem im hiesigen Gesundheitssystem. Neuerdings tritt das Problem viel stärker zu Tage.

 

 

So kommt Freitag vor einer Woche ein 41 jähriger Patient mit schwerster Atemnot mit Verdacht auf Covid-19 ins Krankenhaus. Noch am Tag zuvor wurde dieser Fall vom medizinischen Team in einer Notfallübung simuliert, unter maximalen Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz des Personals vor einer Infektion. Nun tritt genau dieser Ernstfall ein. In der Notaufnahme wird der Patient bewußtlos und bekommt einen Atemstillstand. Er wird beatmet und erlebt in der Folge wegen einen Herzstillstand. 6, später 7 Ärzte und Krankenschwestern kämpfen um sein Leben. Parallel dazu sind im Hintergrund noch unsere Radiologietechniker, die Medizintechniker, ein Ultraschalldiagnostiker und das Laborpersonal aktiv, um die Behandlung abzusichern und die Diagnostik zu beschleunigen.

 

 

Helfen und Beten

 

Alle arbeiten Hand in Hand, hochprofessionell unter maximaler Anspannung. Die übrigen Mitarbeiter, die nicht an den unmittelbar lebenserhaltenden Maßnahmen beteiligt sind, beten für das Leben des Patienten. Keiner will den Patienten aufgeben. Am Ende schafft das Team den Durchbruch. Das Herz fängt wieder an zu schlagen.

 

Erst 2 Tage später erklärt sich ein Thoraxchirurg im Regionalkrankenhaus von Cusco zur Übernahme bereit. Der Patient wird stabil verlegt. Einen derartigen Fall hatten die wenigsten jemals zuvor gesehen.

 

 

Vor einer Woche wird dann auch der erste bestätigte Fall von Covid-19 im Krankenhaus wegen Atemnot aufgenommen. Unter der Versorgung mit Sauerstoff und antiviraler Therapie erholt er sich rasch. Wir sind dankbar für die weltweiten Erfahrungsberichte der Ärzte über die Behandlung von Covid-19. So wissen wir,  die Erkrankung mehrphasisch verläuft, das heisst mit einer späteren erneuten Verschlechterung ist zu rechnen. Der Patient bleibt also noch einige Zeit zur Beobachtung im Krankenhaus.